MORITZ´S WELTCUP-TAGEBUCH #1 | NOVE MESTO

Neustadt in Mähren, wie Nove Mesto ins Deutsche übersetzt heißt, eine Kleinstadt im Herzen der Tschechischen Republik, umgeben von einer hügeligen Landschaft, gesäumt von Wald und blühenden Rapsfeldern, ist auf den ersten Blick wohl nicht die Location, die einem für ein sportliches Großereignis in den Sinn kommt. Und doch schafft es der Ort Jahr für Jahr eine Horde an sportverrückten Menschen anzuziehen, um eine riesige Party zu feiern. Und nein es geht nicht um die Biathleten, denen etwas abseits vom Ortskern eine riesige Arena geschaffen wurde. Es geht um die Mountainbiker. Und die, das merkt man schnell, gastieren nicht nur in der Vysocina Arena, sondern verwandeln diese Jahr für Jahr in den Nabel des Mountainbikesports.

 

Hinsichtlich der Gegebenheiten könnte anderswo, trotz der Bedeutung dieser Großveranstaltung, schnell einmal der Absturz in die Bedeutungslosigkeit drohen, doch in Tschechien scheint dies anders zu sein. Man hat es geschafft nicht nur das Mountainbiken in eine gelungene Symbiose mit dem Wintersport zu packen, sondern auch den Sport an sich in dieser Gegend populär zu machen. Denn verbringt man etwas mehr Zeit an diesem Ort, wird schnell klar, dass es die Menschen an sich sind, denen diese Leidenschaft und Sportbegeisterung entspringt.

Auf dem über 30 km langen Flowtrailnetz rund um die Weltcupstrecke trifft man nämlich nicht den professionellen Vollblutracer, sondern hauptsächlich Familien und Hobbybiker. Und genau die sind es die pünktlich zum Callup auf der Tribühne und am Streckenrand stehen, um dieses Rennen zu etwas ganz Besonderen zu machen. Würden bei uns wohl schon die zu zahlende Eintrittskarten genügen um dem Event den Rücken zu kehren, so wird hier die Zahlungsbereitschaft der Zuschauer mit ausreichend Fleischkost und gutem, günstigem tschechischen Bier belohnt.

 

Und Bier fließt reichlich in der Vysocina Arena. Grund für Ausschreitungen oder ungepflegtes Hooligenverhalten? Nein, eher tatkräftiger Unterstützer für ein Sportfest mit Partycharakter. Die Party gibt’s mit Garantie! Dafür ist aber nicht ein Warten bis zur nächtlichen DJ-Einlage notwendig, man bekommt sie am Streckenrand und das to go. Dafür sorgen nicht nur eingefleischte Fanclubs, wie der allseits bekannte Zipfelmützenzwergverein von Jaroslav Kulhavy, sondern wie es den Anschein macht jeder Zuschauer hinter dem Absperrband.

Wer nicht schon verkleidet oder in voll ausgestatteter Fanmontur in die Arena kommt, der hat noch die Möglichkeit an einem der zahlreichen Fanstände nachzurüsten. Und dann wird es laut, sehr laut! Was mit Dauergetröte und Trommelwirbel schon lange vor dem Start beginnt, erreicht spätestens beim Aufruf des ersten Tschechen oder der ersten Tschechin zur Startaufstellung ihren Höhepunkt und klingt erst wieder ab wenn der letzte Fahrer die Ziellinie überquert. Was man dazwischen wahrnimmt ist ein lautes Gewirr aus Anfeuerungsrufen und Sirenen bis hin zu Motorsägen, denen die Kette entfernt wurde.

 

Und diesen Support erhalten nicht nur Fahrer mit den Farben der tschechischen Flagge am Trikot, sondern jeder, der den Mut auf sich nimmt, sich der fordernden Strecke und einem einschüchternd großem Starterfeld zu stellen. Für mich ist es also die Stimmung, die den Mountainbikeweltcup in Nove Mesto zu etwas Besonderem macht. Und jeder der beim Lesen dieses Textes nicht nur auf den Geschmack von tschechischem Bier und Würstel, sondern auch auf den einer großen Mountainbikeparty gekommen ist, bleibt wohl nichts anderes übrig als sich den nächstjährigen Termin mit einem dicken X im Kalender zu markieren und selber vorbeizuschauen.

 

Fotos: Bartek Wolinski RedBullContentPool. Reinhard Bscherer.

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